
Andreas Gorke
*1963 in Emsdetten
lebt und arbeitet in Brochterbeck und Saerbeck
Website: http://andreas-gorke.de/
Ein Meister des Holzschnitts
Was ist in der Welt der Kunst nicht schon alles totgesagt oder als überholt geschmäht worden? Die Liste ist lang und erstreckt sich von der figürlichen Malerei und der Malerei überhaupt bis hin zu alten Techniken wie dem Kupferstich oder dem Holzschnitt.
Von diesen Diskussionen und Trends lässt sich der 1963 in Emsdetten geborene Künstler Andreas Gorke nicht beeindrucken. Nach seinem Studium der „Visuellen Kommunikation“ an der Fachhochschule Münster und mehreren Stipendien-Aufenthalten – unter anderem im Edvard-Munch-Atelier in Oslo – hat er sich der mit großem Aufwand verbundenen Technik des Holzschnitts gewidmet. In seinen Ateliers in Brochterbeck und Saerbeck (hier lebt er auch mit Frau und Kindern) im idyllischen Westfalen entstehen sowohl groß- als auch kleinformatige Werke.
„Mit eigenen Händen von der Natur geschaffenes Material wie Holz zu bearbeiten, bedeutet für mich sehr viel, denn es ist ursprünglich und daher von großer Faszination für mein kreatives Schaffen. Es hat etwas Spirituelles“, berichtet Gorke begeistert anlässlich eines Besuchs in seinem Atelier in Brochterbeck, dass vollgestapelt ist mit fertigen und unfertigen Werken, Holz in unterschiedlichsten Varianten und Größen sowie unzähligem Werkzeug, dass er für seine künstlerische Arbeit braucht.
Andreas Gorke zeigt in seinen Arbeiten Erscheinungsformen der Natur und des urbanen Lebensraumes in ihren filigransten Strukturen. Der Künstler blicke auf Details, die ihn mal größer, mal kleiner im Umfeld seines Wohn- und Atelierhauses umgeben, sagte Gerald Nierste, Vorsitzender des Kunstvereins Nordhorn, anlässlich einer Ausstellung im Jahre 2017. Die Bandbreite der damals dargestellten Motive reichte von Vogelnestern aus ungewohnten Blickwinkeln (auch mal abgestürzt auf Eis liegend) bis hin zu von trockenem Gras umflochtenen Steinen. Besonders die Nestwerke verwirren den Betrachter auf den ersten Blick, denn in unserer schnelllebigen Zeit finden solch eher kleinteiligen Objekte keine oder nur eine sehr eingeschränkte Beachtung, vielleicht noch durch Kinder, die sich eine unverstellte Neugierde auf die Natur bewahrt haben. Das war früher anders. So stellte das Nest in der klassischen Ikonographie der Kunstgeschichte ein Sinnbild der Geborgenheit und ein Zeichen für den Frieden im Paradies dar. Heute könnte es etwas sein, was den Betrachter erdet. Der Blick richtet sich unvermittelt auf die einfachen, schönen Dinge des Lebens.
Anders als die holzschnitzartigen Grafiken der Expressionisten sind bei Gorke chaotisch verflochtene Strukturen zu sehen, ineinander verwirrt, sich unkontrolliert auflösend und in der Nahbetrachtung abstrakt, zumindest aber abstrakt wirkend. Mit jedem Schritt zurück vom Bild weitet sich der Blick des Betrachters, der Gegenständlichkeit erkennt.
Hervorstechend ist auch die Farbreduktion. So schreibt Martin Rehkopp, ehemaliger künstlerischer Leiter des Klosters Bentlage: „Er druckt in der Regel schwarz, selten nutzt er auch ein tiefes Blau. Gedruckt wird ganz klassisch Dunkel auf Hell“.
Die Entscheidung dazu hat mit einem weiteren Aspekt des Werkes zu tun. Trotz aller Faszination für die Natur ist sich Gorke auch ihrer Vergänglichkeit bewusst. Um dies deutlich zu machen, verzichtet er auf eine farbenfrohe Darstellung, da diese die Gefahr birgt, naturromantische Gedanken und Assoziationen hervorzurufen, die nicht zu seinem künstlerischen Schaffen passen.
(Text: Andreas Meistermann/Januar 2021)