
Hendrik Spiess
*1960 in Dinklage
lebt und arbeitet in Osnabrück
Website: www.hendrikspiess.com
Hendrik Spiess – Maler verstörender Bilderwelten
Mehrere Personen stehen ausdruckslos und abwartend in einem Strahlenkreis mitten in einem Wald, drei oder vier Gestalten – es ist nicht genau zu erkennen – machen sich im Dunkeln mit einem Boot auf eine Fahrt in unbekannte Richtung, ein deutscher Soldat mit einer Uniform aus dem Zweiten Weltkrieg streichelt einen Fuchs – vielfältig, assoziationsreich und verstörend ist die Bilderwelt des Osnabrücker Malers Hendrik Spiess.
Woran das liegt, lässt sich bei einem Atelierbesuch erkennen. Dort hat er eine Riesenauswahl an Motiven zusammengetragen, die aus den verschiedensten Quellen stammen und Grundlage seiner Malerei sind. „Über vier Jahrzehnte gesammeltes Bildmaterial aus Fotoarchiven, Büchern, Heften und privaten Alben verschmelzen in den Arbeiten des Künstlers Hendrik Spiess zu Wunderkammern subjektiven Erinnerns“, schreibt der Osnabrücker Kunstkritiker Tom Bullmann.
Bevor Spiess allerdings mit seinen Bildern neue und völlig andersartige Welten als die üblichen entstehen und sie ihre besondere Magie entfalten lässt, durchlaufen diese mehrere Arbeitsstadien. Zu Beginn kommt das Programm Photoshop ins Spiel. Die sorgfältig ausgewählten Fragmente seines umfangreichen Archivs werden mit dieser technischen Hilfe zu neuen, oftmals bühnenartigen und dem gegenständlichen Realismus ebenso wie dem Surrealismus verbundenen Bildkompositionen zusammengefügt, retuschiert und neu eingefärbt. Erst dann beginnt mit der Projektion auf die Leinwand der eigentliche und aufwendige Malprozess in Acryl oder Öl, der sich vielfach über mehrere Wochen erstrecken kann.
Wie Tom Bullmann anlässlich einer Ausstellung ausführte, „entstehen als Ergebnis gleichsam magisch anmutende wie auch traumhaft entrückte Welten mit surrealen Anklängen in melancholisch, ambivalenten Stimmungen zu Themen wie Kindheit, Gewalt, Ort– und Heimatlosigkeit. Bilderwelten, in denen die Protagonisten oft wie Statisten wirken und die immer auch ein Abbild des persönlich geprägten, inneren Bildarchivs des Künstlers Hendrik Spiess nach außen transportieren.“
„Magischen Realismus“ nennt Spiess selbst seine Stilrichtung. Dabei bezieht sich die Magie nicht nur auf die Atmosphäre in den gemalten Bildern. Schon bei der Recherche für seine Bilder lässt er sich von der Magie leiten, die Fotografien in ihm bewirken. „Es gibt diese Momente, in denen Fotos etwas in mir auslösen, weil sie etwas mit meinem eigenen Leben zu tun haben, mit Situationen, die ich durchlebt habe, mit Gefühlen, die in mir aufsteigen“, beschreibt Spiess die Inspiration für seine Kunst anlässlich einer Ausstellung in der Galerie Letsah in Osnabrück.
(Text: Andreas Meistermann)