Jens Hunger
*1968 in Radeberg
lebt und arbeitet in Berlin
Website: http://www.jens-hunger.de/
Jens Hunger – Reisender in Sachen Kunst
Schon die erste Begegnung am Bahnhof Bad Bentheim mit Jens Hunger macht klar, dass da jemand mit großer Leidenschaft für die Kunst lebt. Als er für eine Ausstellung von Berlin nach Nordhorn kommt, ist er vollbepackt mit so vielen seiner Werke, wie er tragen kann. So ist er schon seit Jahren per Zug in ganz Deutschland unterwegs; und was er nicht zu tragen vermag, wird per Post zum Ausstellungsort gesendet.
Grund der Begegnung: Bereits seit mehr als einem Jahr plante der Kunstverein Nordhorn, bei dem ich als zweiter Vorsitzender tätig bin, eine Ausstellung mit dem Berliner Künstler, doch Terminüberschneidungen und Corona machten dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.
2023 war es dann endlich so weit. Es konnte ein direkter Blick auf seine vielgestaltige Bilderwelt geworfen werden. Kennzeichnend ist die spezielle Perspektive von Jens Hunger auf eine scheinbar oder tatsächlich verworren und bedrohlich wirkende Außenwelt.
Am Anfang dieser künstlerischen Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Themen, Erscheinungen, Erfahrungen und Stimmungen standen Comics und Collagen; aber seit einigen Jahren entstehen auch Ölgemälde auf Leinwand, Baumwolle und Papier. Bei der Wahl seiner Motive bedient er sich einer surrealistischen und oft auch fantastischen Bildsprache. Eine Mischung aus fantastischen und realistischen Bildelementen verschmilzt zu einem unverkennbar eigenen Ausdruck. Dabei versucht Jens Hunger, das Unwirkliche und Traumhafte sowie die Tiefen des Unbewussten auszuloten und malerisch auszudrücken. Oft ist auch eine Auflösung von scheinbar gegensätzlichen Zuständen und Situationen zu betrachten.
Um eine konkretere Anschauung und einen Überblick über das vielfältige Werk von Jens Hunger zu gewinnen, empfiehlt es sich, eine thematische Gliederung vorzunehmen. Der Künstler selbst hat dafür vier Rubriken entwickelt: 1. „Kitty“, 2. „Horror/Monster“, 3. „Tiere“ und 4. „Beziehungsbilder, soziale und skurrile Situationen“.
„Kitty“, eine fiktive Katzenfigur aus der japanischen Comic-Kultur, unter deren Namen auch altersgerechte Produkte verkauft werden, steht für das Kindliche in uns, das Verspielte, das Neugierige. Mit Kitty können deren Fans Abenteuer erleben, die die meisten sich nicht zutrauen, von denen sie aber träumen. Das Motiv der Kitty in Verbindung mit Kindern findet sich immer wieder im Werk von Jens Hunger.
Auch seine Monsterbilder stellen eine Seite von uns dar. Es geht um Aggressionen, die wir in uns tragen, um den Kampf, negative Impulse zu kontrollieren, die jeder schon einmal gespürt hat. Gleichzeitig stellen diese Bilder den Totentanz allen materiellen Lebens dar.
Die bildliche Darstellung von Tieren steht nach Hungers Meinung für uns selbst, für einen Teil von uns. Die dargestellten Eigenschaften von Tieren geben uns die Möglichkeit, etwas in uns zu erkennen, was oft verborgen ist.
Oft voyeurhaft wirkt die Darstellung von Beziehungsbildern, sozialen und skurrilen Situationen. Aber die Neugierde steckt nun mal in den meisten Menschen. Es scheint, Jens Hunger hätte sich in ein Café gesetzt, auf eine Bank draußen, oder wo immer normale Öffentlichkeit herrscht, und dann musste er nur warten, bis ihm eine Situation begegnet, die er zuerst nur skizzenhaft notiert, um sie dann in Form einer Zeichnung oder eines Gemäldes wiederzugeben; natürlich mit dem ihm eigenen Blick.
(Text: Andreas Meistermann/Januar 2024)