
Jörg Kastner
*1962 in Minden
lebt und arbeitet in Hameln
Website: https://www.kastners-welten.de/joerg/
Jörg Kastner – Vom Auftragsschreiber zum Bestsellerautor
„Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem. Eins dieser Raumschiffe ist die Orion, winziger Teil eines gigantischen Sicherheitssystems, das die Erde vor Bedrohungen aus dem All schützt. Begleiten wir die Orion und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit.“
Dieser Text wurde im Vorspann jeder Folge mit dramatischem Unterton von Schauspieler und Synchronsprecher Claus Biederstädt („Drei Männer im Schneee“, „Charleys Tante“, „Nachtschwester Ingeborg“, „Der Kommissar“, „Derrick“ etc.) gesprochen, und die Fernsehserie „Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion“ aus den 1960er Jahren war die erste in Deutschland, die das Genre Science Fiction aufgriff und Vorstellungen über die Zukunft der Welt und der Menschheit zum Inhalt hatte.
Darüber hinaus bildete sie für den Schriftsteller Jörg Kastner (alias Ralf Langroth) den Einstieg in die Welt der Fantasie und sein späteres kreatives Schaffen. Gemeinsam mit seinem Vater, der ein großer Fan war, schaute er bereits als knapp vierjähriges Kind alle Folgen dieses unvergessenen Klassikers. Und dabei blieb es nicht. Kastner verschlang als Kind und Jugendlicher die zu damaliger Zeit typischen Bücher von Karl May, Jules Verne, Arthur Conan Doyle und natürlich alle Romane, die in Verbindung mit dem Raumschiff Orion geschrieben wurden, insgesamt über 145. Hier standen große Abenteuer und spannende Geschichten im Mittelpunkt, die die Fantasie so anregten, dass er und seine Freunde mit vertauschten Rollen viele Szenen aus den Büchern nachspielten.
Nach dem Abitur entschied sich Jörg Kastner zunächst für etwas völlig anderes. Er nahm ein Jura-Studium auf, das er mit dem zweiten Staatsexamen als Volljurist abschloss. Doch die Leidenschaft für die Welt der Abenteuer, sei es in Form von Western oder in Form von Science Fiction, blieb. Während des Studiums und in den Jahren danach schrieb er Heftromane, Zeitungsartikel für Fachmagazine wie Phantastische Zeiten und veröffentlichte sein erstes Buch: „Das große Raumschiff Orion Fanbuch“. Die Leidenschaft für das Schreiben wurde dann schließlich so groß, dass sich Kastner gegen eine juristische Karriere und für die berufliche Laufbahn als freischaffender Schriftsteller entschied. Er veröffentlichte fantastische Erzählungen und Romane mit geschichtlichem Hintergrund.
Mitte der 1990er Jahre gelang Kastner der Durchbruch zum breiten Lesepublikum mit der Germanensage um Arminius, besser bekannt als Hermann der Cherusker, der den Römern im Jahre 9 n. Chr. mit der Schlacht gegen deren Statthalter Varus eine vernichtende Niederlage bereitete. Anfang der 2000er wendete sich der vor Kurzem von Hannover nach Hameln gezogene Schriftsteller der neueren deutschen Geschichte zu – ein Thema, das sowohl in Literatur und Film einen Boom erlebte. Eine große Faszination hatte Kastner für das wilde und chaotische, aber auch sehr spannende Berlin der 1920er und 1930er Jahre.
Ein großer Nachteil: Er war nicht der Einzige. Und dann kam Volker Kutscher mit seiner Reihe um den Kriminalkommissar Gereon Rath, der sich im Berlin der 1920er und 1930er Jahre auf Verbrecherjagd begibt. Angesichts des großen Erfolges von Kutscher – auf Motiven seiner Bücher baut die Serie „Babylon Berlin“ auf – sprang Kastner rechtzeitig vom Berlin-Zug ab und wandte sich der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in der sogenannten „Bonner Republik“ zu. Eine gute Entscheidung: Schon sein bei Rowohlt erschienener Erstling aus der Reihe um den BKA-Beamten Philipp Gerber, „Die Akte Adenauer“, die Geschichte um eine Verschwörung ehemaliger Nationalsozialisten gegen die demokratisch ausgerichtete Bundesrepublik Deutschland, wurde zum Bestseller. Damit nicht genug wurde auch schon ein Vorvertrag über die Filmrechte unterzeichnet. Auf „Die Akte Adenauer“ ließ Kastner alias Ralf Langroth, der wie bei seinen anderen historischen Romanen auch bei der neuen Reihe umfangreiche Recherche bis in die kleinsten Details betreibt, in diesem Jahr „Ein Präsident verschwindet“ um den ersten Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz der Bundesrepublik Deutschland, Otto John, folgen. 2023 erscheint dann „Das Mädchen und der General“, die Geschichte der 1957 ermordeten Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt, deren Fall nie aufgeklärt wurde. Weitere Folgen sind in Planung.
(Text: Andreas Meistermann/November 2022)