Jürgen Paul Friede
*1954 in Veerßen
lebt und arbeitet in Wedemark
Website: https://www.kuenstlerdatenbank.niedersachsen.de/kuenstlerinnen/slg_2029/

„Eine Frage der Zeit“ (Jürgen Friede)

Für Jürgen Friede kann die Kunst für den Betrachter je nach Situation die richtigen Fragen stellen oder beantworten. Oft benötigt es die richtige Zeit für eine bestimmte Kunstform. Fried lebt und arbeitet in einem von üppiger Natur umgebenen Haus in Wedemark. Der Aufbau seines Ateliers wurde ihm 1994 durch eine Atelierförderung des Landes Niedersachsens ermöglicht.

Friede war nach dem Abitur zunächst als Bühnenbildassistent an den Städtischen Bühnen in Lübeck und Essen aktiv. Hier konnte er bereits sein handwerkliches Talent einbringen und die in ihm ruhende Kreativität lebendig werden lassen. Im Anschluss studierte er „Bildhauerei“ an der Fachhochschule für Kunst und Design in Hannover (1976 – 1982). Seine ersten Steinskulpturen stellte er 1981 in Recklinghausen aus. An der Fachhochschule Hannover lehrte er Sachzeichnen, bevor er sich entschloss, freischaffender Künstler zu werden.

Friede geht es bei seinen Arbeiten nicht um die Abbildung realer Objekte, vielmehr entwickelte er sehr früh eine eigene Formsprache. Er reduziert Dinge auf für ihn relevante Formen, so dass seine Werke minimalistisch wirken. Gleichzeitig erzeugen sie in ihrer Reduziertheit mystische Wirkung und ziehen so den Betrachter in den Bann.

Friedes Corten-Stahl-Objekte sind von einer minimalistischen Strenge geprägt, die auf klare Linien und geometrische Grundformen setzen. Das Gewicht und die Schwere des Materials stehen dabei im spannungsvollen Kontrast zu den oft filigranen, präzise gearbeiteten Einschnitten oder Durchbrüchen, die den Stahl durchziehen. Der Dialog zwischen Massivität und Durchlässigkeit, zwischen soliden Flächen und durchbrochenen Formen schafft ein Spiel von Licht und Schatten, das in ständiger Wechselwirkung mit seiner Umgebung steht.

Friede war viel in der Welt unterwegs, vor allem in Nordafrika. Hier ließ er sich von Kunst und dem Lebensraum der Menschen inspirieren. Dies spürt man vor allem in seiner als „Wächter“ bezeichneten Skulpturenreihe. Diese vereint kraftvolle Formen mit einer stillen, fast spirituellen Anmutung. Mit ihren reduzierten, archaischen Linien greifen die Figuren auf Motive zurück, die tief in der menschlichen Kulturgeschichte verwurzelt sind. Sie erscheinen wie Hüter eines unsichtbaren Raumes, geheimnisvoll und doch zugänglich. Der Betrachter wird eingeladen, in einen Dialog mit den stillen Monumenten zu treten, die, trotz ihrer formalen Einfachheit, eine spürbare Präsenz ausstrahlen. Die Wächter sind monumental, ihre anthropomorphen Züge sind angedeutet, jedoch nie vollständig ausgeführt, was ihnen einen zeitlosen Charakter verleiht. Durch ihre schlichte Erhabenheit und kontemplative Ausstrahlung bieten sie dem Betrachter die Möglichkeit, innezuhalten und die subtile Beziehung zwischen Kunstwerk und Raum zu erleben.

Friedes Arbeiten bestechen durch eine große handwerkliche Präzision. Nachdem die Grundform mit der Flex und über Druckluft angetriebene Presslufthämmer herausgearbeitet ist, kommen Fäustel, Meißel sowie Schleifsteine zum Einsatz. Die endgültige Form entsteht in einem langsamen und intensiven weiteren Prozess. Auch hier spiegelt sich der Faktor Zeit im Prozess der Formbildung wider.

Seine Werke werden u.a. in der Galerie Kirbach (Krummhörn, Düsseldorf) gezeigt.

(Text: Jürgen Rasch/Oktober 2024)