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Thomas Gatzemeier

Thomas Gatzemeier (Foto: Wolfgang Weßling)
Thomas Gatzemeier (Foto: © 2014 Wolfgang Weßling)



Thomas Gatzemeier
*1954 in Döbeln
lebt und arbeitet in Leipzig
Website: www.thomas-gatzemeier.de

Thomas Gatzemeier – Der Maler des Leibes

60 nackte Männer- und Frauenleiber, die in urchristlicher Weise den Fall und die Auferstehung des Menschen symbolisierern, als 60 Quadratmeter große, in altmeisterlicher Weise gestaltete Wandmalerei in einer Kirche – das klingt eigentlich eher nach einem Motiv aus der Zeit des Barock oder der Renaissance, doch in der evangelischen Kirche im Ortsteil Onolzheim der Stadt Crailsheim ist es als Auftragsarbeit erst im Jahr 2002 von dem in Leipzig ansässigen Maler, Bildhauer und Schriftsteller Thomas Gatzemeister fertiggestellt worden. Natürlich nicht, ohne zunächst auf Widerstand zu stoßen, weil die Präsentation nackter Körper auch im 21. Jahrhundert noch zu provozieren vermag, wie eine von Neo-Prüderie und sogenannter „wokeness“ gekennzeichnete Auseinandersetzung um die Darstellung nackter Körper in Museen vor nicht allzu langer Zeit wieder deutlich machte. Doch zumindest die Lage in Crailsheim-Onolzheim beruhigte sich schnell, wie der Künstler im Rahmen einer Ausstellung seiner Werke berichten konnte: „Aber als dann die Reisebusse kamen und die – sehr gute – Dorfkneipe enorme Umsätze machte, waren alle versöhnt.“

Der menschliche Körper, der Leib und das Fleisch sind schon seit Beginn seines künstlerischen Schaffens die Themen von Robert Gatzemeier, der 1954 in Döbeln/Sachsen geboren wurde.

Nach einer Ausbildung zum Schrift- und Plakatmaler besuchte er die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, die in alter akademischer Tradition das Handwerk der Malerei lehrte und insbesondere Wert auf die genaue Darstellung der menschlichen Figur legte.

Was Thomas Gatzemeier in seinen oft üppigen und überbordenden Bildern zum Ausdruck bringt, umfasst die zentralen Aspekte menschlichen Lebens, die allen gemein sind: Eros, Thanatos, Gewalt, Leid und Sinnlichkeit. In unendlichen Variationen bringt er diese unser ganzes Wesen bestimmenden Elemente auf die Leinwand und schreckt dabei auch vor der Bezugnahme auf die großen Meister der Darstellung des menschlichen Körpers wie Peter Paul Rubens nicht zurück, wie das mit dem Malerkollegen Paul-Uwe Dietsch entwickelte Projekt „In spirit of Rubens“ belegt.

Thomas Gatzemeier setzt aber nicht nur allgemeine existenzielle Themen bildnerisch um. Als Teil seiner Diplomarbeit an der Hochschule in Leipzig entsteht 1980 ein Bild mit dem Titel „Die Hitler kommen und gehen, aber das deutsche Volk bleibt“ (Stalin). Die dort dargestellten Personen zeigen die Spuren der Verheerungen, die die Nazi-Herrschaft hinterlassen hat und die nachfolgende SED-Diktatur immer noch hinterlässt. Das hat Folgen. Sein Professor Arno Rink verweigert die weitere Betreuung der Diplom-Arbeit und die Stasi konfisziert den schriftlichen Teil seiner Diplom-Arbeit mit dem Titel „Essays über den Tod“. 1984 stellt Gatzemeier einen Ausreiseantrag, dem 1986 stattgegeben wird.

In Westdeutschland beginnt ein künstlerischer Neuanfang. Hier entstehen unter anderem das schon erwähnte Projekt „In spirit of Rubens“ und das Skulpturen-Projekt „17 Plastiken“, in dem er die Gewalt allgemein und im besonderen die Anfang der 1990er Jahre beginnenden Mordanschläge Rechtsradikaler auf Ausländer thematisiert. 1994 war es im Reichstag in Berlin zu sehen. Viele Ausstellungen und Kooperationen mit anderen Künstlern folgen. Gatzemeiers Werke sind unter anderem in der Galerie Neue Meister in Dresden, dem Museum Würth in Schwäbisch Hall, in der Sammlung Deutsche Bank Frankfurt und im Kupferstichkabinett Dresden vertreten.

Nachdem Gatzemeier zunächst in Karlsruhe lebte und arbeitete, erfolgte 2020 der Umzug nach Leipzig. Seitdem betreibt er dort über seinen Soll & Haben Verlag auch eine Galerie. Im Verlag sind auch schon mehrere seiner Romane veröffentlicht worden, unter anderem „Der Sekretär“, in dem er über mehrere Jahrzehnte den Lebensweg eines Opportunisten von der Nazi-Diktatur bis zur SED-Herrschaft nachzeichnet.

(Text: Andreas Meistermann/Februar 2024)

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