Thomas Wrede
*1963 in Letmathe
lebt und arbeitet in Münster
Website: www.thomas-wrede.de

Schon etwas befremdlich und vielleicht auch erschreckend wirkt auf den ersten Blick die Serie „Die Vögel stehen in der Luft und schreien“ des Münsteraner Künstlers Thomas Wrede.

Was bei genauerem Hinschauen erkennbar wird, ist der Abdruck von Vögeln, die gegen Glasscheiben geflogen waren. Im Gegenlicht werden die Spuren dieses zumeist tödlichen Unfalls sichtbar. Wie Marike Schmidt, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kunsthalle Emden, im Katalog zur Ausstellung „wild/schön. Tiere in der Kunst“ schreibt, „schwingt in den Arbeiten eine gewisse Tragik mit, doch durch die Inszenierung des Künstlers werden die hellen Abdrücke auch zu etwas Erhabenem, da sie etwas Mystisches und Geisterhaftes innehaben.“ Wie sie weiter ausführt, wird einerseits „die Frage des Mensch-Tier-Verhältnisses aufgeworfen, denn die Todesursache der Tiere liegt in von Menschenhand erschaffenen Gebäuden. Zum anderen kann man auch die Frage nach der Künstler-Tier-Beziehung stellen, denn gewissermaßen werden die Vögel zu einem aktiven Part im Kunstschaffen.“

Bewusst befremdlich wirken auch andere fotografische Arbeiten des in Münster lebenden und arbeitenden Thomas Wrede, der dort und in Berlin studierte und von 1998 bis 2005 einen Lehrauftrag für Fotografie an der Kunstakademie Münster übernahm. Seit 2015 lehrt er als Professor für Fotografie/Medien an der Hochschule der bildenden Künste (HBK) Essen

In seinen Arbeiten setzt er sich vor allem mit den Themen Wirklichkeit und Wahrnehmung sowie der Beziehung des Menschen zur Natur auseinander.

So spielt Thomas Wrede bei seinen Landschaftsbildern mit der Perspektive und der fotografischen Illusion, die er beispielsweise dadurch erzielt, dass er Miniaturmodelle von Bauten und Fahrzeugen in eine reale Landschaft setzt, die dann von ihm aus einer vorher bestimmten Position fotografisch festgehalten wird.

In der Serie „Domestic Worlds“ dokumentiert Wrede Fototapeten in deutschen Haushalten, in denen die heimeligen Möbel mit den reproduzierten Traumlandschaften verschmelzen. „In „Magic Worlds“, einer Fotoserie über Vergnügungs- und Freizeitparks, … zeigt Wrede großangelegte Naturkopien aus Holz und Papier, die den Besuchern Naturerlebnisse suggerieren sollen“, wie Margret Uhrmeister anlässlich einer Ausstellung in der Berliner Galerie Wagner + Partner schrieb.

Deutlich wird: In seinen Arbeiten beschäftigt sich der Münsteraner Künstler und Fotograf mit konstruierten Realitäten, deren Wahrnehmung und Assoziationen durch den Betrachter, und letztendlich mit den zentralen Themen der Fotografie: der Macht des fotografischen Abbildes und der Möglichkeiten von Täuschung und Illusion.

(Text: Andreas Meistermann/Oktober 2023)